Bäume

Parkstudie aus Schönhausen, 1870, Zeichnung von Ferdinand Konrad Bellermann. Quelle: bpk/Kupferstichkabinett, SMB/Volker-H. Schneider

„Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden“
Erich Kästner (1899 bis 1974)

Baumleben verbindet Menschenleben

Der Mensch pflegt von jeher eine besondere Beziehung zu Bäumen: Sie bieten ihm Schutz vor Sonne und Regen, ihr brennendes Holz wärmt ihn, ihre Früchte ernähren ihn. Aus Bäumen werden Möbel, Häuser und Brücken gebaut, und allein ihr Anblick bereitet Freude. In Märchen, Mythen und in der Literatur spielen sie deshalb eine große Rolle. Noch heute können wir Bäume bestaunen, die in vergangenen Epochen zu verschiedenen Anlässen – Geburt, Tod, Heirat, Staatsgründungen oder Dorffesten – gepflanzt wurden: als Schattenspender und zum Schmuck, in Parks zur Erholung und Erbauung oder zum Schutz wertvoller Biotope. Bäume leben länger als ein Mensch und verbinden uns mit den vergangenen und den kommenden Generationen. In der nordischen Mythologie war Ygg­drasil, die Weltenesche, die ihre Äste bis in den Himmel erhebt, eine heilige Gottheit. Ihre drei nährenden Wurzeln reichen bis nach Asgard, dem Wohnort der Götter, in das Riesenland Jotunheim und in die Unterwelt. Täglich versammeln sich in ihrem Schatten die Götter, um Rat zu halten – bis zum Weltuntergang.

Habitus (Wuchsform) einer Traubeneiche, 2012. Foto: Dr. Axel Täumler

„Wenn Du traurig bist, such Dir einen Baum.“

Altes indianisches Sprichwort

1. Bäume in der Stadt – Ökologie und Bedeutung

Rund 420.000 Straßenbäume wachsen in Berlin. Von Frühjahr bis Herbst beleben ihre Blüten und Farben die Straßen und Plätze. Kastanien, Robinien und Linden sorgen dafür, dass die Menschen sich wohlfühlen und gern dort leben. Bäume bieten zugleich Lebensräume für zahlreiche Insektenarten und Vögel, Eichhörnchen und Fledermäuse, für Flechten und Moose. Sie schaffen komplexe Kleinbiotope, wirken als natürliche Klimaanlage, nehmen Kohlendioxid auf, geben Sauerstoff ab und binden Staub. Bäume spenden an heißen Tagen Schatten und erhöhen die Luftfeuchtigkeit: Eine Straße mit gesunden Bäumen trägt zu einer Abkühlung von bis zu fünf Grad bei. Doch Straßenbäume sind vielen Gefahren ausgesetzt, durch Abgase, Ozon, Tiefbauarbeiten, Bodenverdichtungen, undichte Gasleitungen, Hundefäkalien und Verschmutzungen durch Öl, Benzin oder Streusalz. In der Berliner Innenstadt waren im Jahr 2013 circa 40 Prozent der Straßenbäume geschädigt. Für alle Laubbäume, die Waldkiefer und Eibe sowie die Obstbaumarten Walnuss und Türkische Baumhasel gilt in Berlin die Baumschutzverordnung, sofern der Baumstamm in 1,30 Meter Höhe einen Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern aufweist.

2. Typische Baumarten in der Stadt

Ein Spaziergang durch Berliner Straßen offenbart eine große Vielfalt an Baumarten. Unter den über 50 verschiedenen Arten kommen Linde, Ahorn, Eiche, Platane und Rosskastanie am häufigsten vor. Etwa drei Viertel der Straßenbäume bestehen allein aus diesen fünf Gattungen. Neuerdings werden zunehmend auch nichtheimische Arten gepflanzt, so etwa der Götterbaum und – wegen seiner Robustheit – der Ginkgo.

Zierkirsche, 2011. Die dunkelrosa, meist gefüllten Blüten der Japanischen Blütenkirsche, wegen ihres Duftes auch Nelkenkirsche genannt, sind ein Blickfang in Alleen, Gärten und Parkanlagen. Der Baum wächst trichterförmig und kann bis zu zehn Meter hoch werden. Im Herbst verfärben sich seine Blätter gelb-rot, Früchte entwickeln sich kaum. Die volle Blütenpracht wird nur an sonnigen Standorten komplett ausgebildet. Quelle: Museum Pankow, Foto: Dieter Schönberg
Früchte einer Traubeneiche, 2014 Die Traubeneiche wurde 2014 zum „Baum des Jahres“ gekürt. Foto: Dr. Axel Täumler
Blühende Lindenfrüchte, Prenzlauer Allee 227, 2013. Die Linde gilt seit vielen Jahren als der typischste Berliner Baum. Foto: Dr. Axel Täumler
Blühende Linde, Prenzlauer Allee, 2013. Gut ein Drittel der Berliner Straßenbäume sind Linden. Häufig wird die mittelgroße Winter-Linde gepflanzt, die auch in schmaleren Straßen noch Platz findet. Weitaus seltener pflanzt man die Sommer-Linde. Foto: Dr. Axel Täumler
Ahornfrucht am Weißen See, 2012 Die Gattung der Ahorne umfasst circa 20 Prozent des Bestandes. Foto: Andreas Wichert
Herbstlich gefärbtes Ahornblatt im Park am Weißen See, 2012 Für die Straße ist vor allem der Spitzahorn geeignet. Seine frühe Blüte und die bunte Blattherbstfärbung machen ihn besonders beliebt. Außerdem erwies sich der Ahorn gegenüber dem Klima­wandel als die am meisten resistente einheimische Baumart. Foto: Andreas Wichert
Birke, 2013. Das Besondere an der Birke ist ihre hellweiße Rinde. Sie reflektiert die Sonnenstrahlung und schützt empfindliches Zellteilungsgewebe unter ihr. Regelmäßig löst sich Rinde ab und neue weiße Schichten kommen zum Vorschein. Da die Rinde der Sandbirke heller ist als die anderer Birkenarten, wird sie auch Weißbirke genannt. Foto: Dr. Axel Täumler
Ginkgo im Herbstlaub, Knaackstraße/Ecke Prenzlauer Allee, 2013. Der aus China stammende sommergrüne Ginkgo – auch als le des Fossil bezeichnet – wird heute immer öfter angepflanzt. Er ist wenig empfindlich gegen baumschädigende Luftschadstoffe und weitgehend resistent gegen Insektenfraß und Krankheiten, die von Pilzen, Bakterien oder Viren ausgelöst werden. Ginkgoblätter zeigen im Herbst eine prächtig gelbe Färbung. Foto: Dr. Axel Täumler
Alte Linde in Rosenthal (Winterbild), 2015. Die alte Linde in Rosenthal ist über 300 Jahre alt. 2013 maß ihr Stammumfang 6,88 Meter. Foto: Dr. Axel Täumler
Tanzlinde, 1546. Quelle: Kräuterbuch des Hieronymus Bock
Rosskastanien im Park am Weißen See, 2013. Fünf Prozent aller Berliner Straßenbäume sind Rosskastanien. Sie gefallen durch ihre weißen Blütenkerzen im Mai. An heißen Tagen sind sie als Schattenspender in Biergärten beliebt. Kinder lieben sie wegen der Kastanien, die sich zum Basteln und Spielen eignen. Foto: Dr. Axel Täumler
Rotbuche, 2012. Die Rotbuche verdankt ihren Namen der leicht rötlichen Färbung ihres Holzes. 300 Jahre alte Exemplare können 45 Meter hoch werden und einen Stammdurchmesser von über anderthalb Metern erreichen. Ihre Rinde ist besonders glatt und silbergrau. Mit einem Anteil von 14 Prozent ist sie der häufigste Laubbaum in den Wäldern Deutschlands. Quelle: Museum Pankow, Foto: Dieter Schönberg
Alte Eiche in Berlin-Buch, Naturdenkmal, 2013. Der Anteil der Eichen unter den Berliner Straßenbäumen beträgt knapp 10 Prozent. Vorrangig wird die lichtbedürftige Stiel­eiche angepflanzt, die aber nicht für enge Straßen geeignet ist. Mit der Spree-Eiche wurde die Eichen-Allee im Parlaments- und Regierungsviertel bepflanzt. Sie bildet eine besonders schöne Herbstfärbung aus. Foto: Dr. Axel Täumler

3. Bäume als Naturdenkmal

Platanen im Schlosspark Schönhausen, 1999. Kreidezeichnungen von Franz Ehmke. Quelle: Franz Ehmke
Platanen im Schlosspark Schönhausen, 1999. Die Platane kann 30 Meter hoch werden und ihre Krone einen Durchmesser von 20 Metern erreichen. Sie ist ein idealer Baum für breite Straßen und Plätze. Ihr Anteil am Bestand beträgt circa sechs Prozent. Die Puschkinallee in Berlin-Treptow ist die bekannteste und mit über 120 Jahren älteste Platanenallee Berlins. Die schönsten und ältesten Platanen findet man im Schlosspark Schönhausen. Kreidezeichnungen von Franz Ehmke. Quelle: Franz Ehmke

Das Bundesnaturschutzgesetz weist besonders schützenswerte Objekte als Naturdenkmal aus – weil sie selten sind oder besonders schön oder weil sie aus naturgeschichtlichen, wissenschaftlichen oder heimatkundlichen Gründen wertvoll sind. Im Bezirk Pankow sind über 60 Bäume, die mehr als 20 Arten angehören, als Naturdenkmal, ebenso 3 Findlinge der letzten Eiszeit.

1990 regte ein japanischer TV-Sender eine Spendenaktion zur Pflanzung von Kirschbäumen der Sorte Prunus serrulata „Kanzan“ (Sakura-Campain) in Deutschland an. So wurden am 9. November 1991 in der Wollankstraße in Pankow 120 von 3.000 aus Japan eingeflogenen Setzlingen gepflanzt. Dank dieser Spendenaktion, die bis Oktober 1995 andauerte, konnten insgesamt cira 9.000 Kirschbäume gepflanzt werden, darunter etwa 700 in Pankow. Am 9. November 2009 wurden anlässlich der Namensgebung des „Platzes des 9. November 1989“ schließlich noch acht Zierkirschen aus den verbliebenen Spendenmitteln bezahlt und gepflanzt.

Torso der „Königseiche“ im Schlosspark Schönhausen, 2015. Eine botanische Rarität stellen die im Schlosspark Schönhausen wachsenden über 350jährigen Eichen dar. Sie stehen zumeist im sogenannten Eichholz. Bereits 1939 waren sie unter Schutz gestellt worden. Gegenwärtig sind sieben Stieleichen mit Stamm­umfängen von über vier Metern als Naturdenkmal geschützt. Die alten Parkeichen bilden einen wertvollen Lebensraum für den seltenen Heldbock-Käfer, der vorrangig an alten Stiel- und Traubeneichen lebt. Die so­genannte Königseiche ist abgestorben und nur noch ihr Stammtorso zu besichtigen. Foto: Dr. Axel Täumler
„Königseiche" im Schlosspark Schönhausen, Postkarte 1900
„Königseiche" im Schlosspark Schönhausen 1900, Quelle: Sammlung Wolfgang Krause
Stieleiche in Pankow, Waldstraße 83, 2013. Eine der schönsten Stieleichen Pankows mit einem Alter von über 300 Jahren steht als Naturdenkmal in Niederschönhausen. Nachdem ihre Krone aus Sicherheitsgründen gekappt wurde, beträgt ihre Höhe – nach einst 25 Metern – heute etwa zwölf Meter. Der Kronendurchmesser misst circa 20 Meter, der Stammumfang ungefähr 5,60 Meter. Beeindruckend ist der mächtige Stammfuß mit den knorrigen Wurzelansätzen. Leider zeigte sich im Herbst 2014 ein Pilzbefall, der zum Absterben des Baumes führen wird. Foto: Dr. Axel Täumler
Wurzelbereich der Stieleiche in der Waldstraße in Pankow, 2013. Foto: Dr. Axel Täumler
Japanische Zierkirschen, 2011. Die Japanischen Zierkirschen der Sorte Prunus serrulata „Kanzan“ an der Bornholmer Brücke sollen als Naturdenkmal geschützt werden. Foto: Dieter Schönberg
Zeitungsartikel aus Japan über die japanischen Zierkirschen in Pankow
Anlässlich des Mauerfalls sammelte ein Fernsehsender in Japan 2 Mio. DM, um den ehemaligen Grenzstreifen mit japanischen Zierkirschen zu begrünen. Die Schwedter Straße bis hin zur Esplanade wurde mit Zierkirschen begrünt, die japanischen Medien berichten von Erfolg der Aktion. Quelle: Sammlung Wolfgang Krause

4. Alleen

Der Begriff Allee stammt aus dem Französischen (Allée = Gang, von aller = gehen). Seit der Barockzeit wird er im deutschen Sprachgebrauch für parallel gepflanzte Baumreihen gebraucht. Alleen strahlen eine schlichte Eleganz aus und sind schützenswerter Teil unseres kulturellen Erbes. Schon Theodor Fontane (1819–1898) beschrieb in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ die Wohltat, durch schattige Alleen zu wandern.

Im Jahr 1647 befahl der Große Kurfürst (1620–1688), zu Repräsentationszwecken eine „Gallerie“ von Nuss- und Lindenbäumen vom Berliner Schloss bis zum Beginn des Tiergartens zu pflanzen. Es war die erste Bepflanzung der späteren Straße Unter den Linden mit ca. 2.000 Bäumen.

Mit dem 18. Jahrhundert gewannen Alleen als Elemente der Landschaftsgestaltung an Bedeutung. Viele heute existierende Alleen wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts gepflanzt. Sie machten den Verkehr für Kutschen und Reiter sicherer, verbanden wichtige Handelszentren, dienten militärischen Zwecken (z. B. Pappelalleen), wurden als Windschutz angelegt, zur Versorgung mit Äpfeln, Birnen und Kirschen oder einfach nur aus ästhetischen Gründen. Alleen sind Lebensraum für viele Tiere und sichern noch heute einen Biotopverbund. Die Länge der Alleen in Deutschland wird auf etwa 25.000 Kilometer geschätzt. Die „Deutsche Alleenstraße“, 1992 auf Initiative verschiedener Naturschutz-Institutionen gegründet, führt durch acht Bundesländer. Sie gemahnt an die Erhaltung alter Alleen und einen behutsamen Umgang mit ihnen. Jedoch bedrohen schädliche Umwelteinflüsse das Kulturgut Allee. Falscher Baumschnitt oder Schädigungen durch den Straßenbau bedingen oft Krankheiten, die dazu führen, dass die Bäume später gefällt werden müssen. Seit 2008 wird am 20. Oktober – am „Tag der Allee“ – die „Allee des Jahres“ gekürt: 2011 eine fast lückenlose, imposante Ahorn-Eschen-Allee in Kremmen, 2012 eine hundertjährige Lindenallee bei Templin und 2014 eine Lindenallee nordwestlich von Stralsund.

„Plan von Berlin nebst denen umliegenden Gegenden“, 1802. Die Verbindungswege zwischen Berlin, Pankow und dem Schloss Schönhausen mit der Königin-Plantage wurden ab 1750 mit Bäumen bepflanzt, unter ihnen die Schönhauser Allee. Quelle: Wolfgang Krause
Die Lindenallee 1691, Aquarell
Die Lindenallee 1691, Aquarell von Johann Stridbeck d. J., Faksimile, Quelle: Sammlung Wolfgang Krause
Kastanienallee in Schönhausen um 1934. Quelle: Wolfgang Krause
Haupt-Allee in Niederschönhausen, Postkarte
Haupt-Allee in Niederschönhausen, Postkarte um 1910, Quelle: Sammlung Wolfgang Krause

5. Straßenbaumpflanzungen

Im 19. Jahrhundert wurden in Rosenthal, Pankow und Karow die ersten Dorfanger mit Bäumen bepflanzt. Um 1920 begrünte man in Pankow nach und nach die Hauptstraßen, so etwa die Danziger Straße, die Grellstraße und die Platanenstraße. Ende der 1940er Jahre wurde in Ostberlin mit der Beseitigung der Kriegsschäden in den Grünanlagen und Parks und entlang der Straßen begonnen. 1980 schließlich propagierte man, in jede Straße des dichtbesiedelten Bezirks Prenzlauer Berg etwas Grün zu bringen. In drei Jahren sollten ca. 7.000 Bäume gepflanzt werden. Die Pflanzungen dauerten bis 1992 an.

Ab dem Jahr 2000 erfolgten Nachpflanzungen mit der Sorte Prunus padus, da unter den bisherigen Zierkirschen Pilzbefall, Bruch an der Veredelungsstelle oder Wurzelaustrieb aufgetreten waren.

2012 initiierte der Berliner Senat eine „Stadtbaumkampagne“, die auch 2024 weitergeführt wird. Dabei sollen private Aktivitäten für Neupflanzungen und zur Baumpflege gebündelt und gefällte Straßenbäume in Zusammenarbeit mit den Gartenämtern ersetzt werden. Aufgerufen sind alle Berlinerinnen und Berliner, durch private Spenden zur Stadtbegrünung beizutragen.

„Lebensbäume –Lebensräume“

Baumpflanzaktion des gleichnamigen Vereins

Ben Wagin bei einer Baumpflanzaktion. Der Verein „Lebensbäume-Lebensräume e. V.“ gründete sich, um die gleichnamige Aktion zu koordinieren. Sie wurde von namhaften Künstlern, u. a. von Ben Wagin, begleitet. Es gab Pflanzaktionen mit Kindern und die Bevölkerung war aufgerufen, für Bäume zu spenden bzw. sie zu pflegen. Foto: Wolfgang Krause
VEB Stadtgrün Prenzlauer Berg beim Pflanzen von Großbäumen (Linden) in der Schönhauser Allee, 1985. Foto: Wolfgang Krause
Werbung für die Berliner Baum Aktie
Werbung für die Berliner Baum Aktie, 2000 Quelle: Aktion des Fördervereins der Berliner Baumpaten e. V.
Alleebepflanzung in der Danziger Straße, 1913. Plan von Alfred Brodersen, Maßstab 1:500, Pause. Quelle: Landesarchiv Berlin

„Zu fällen einen schönen Baum, brauchst eine Viertelstunde kaum.
Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert.“

Eugen Roth (1895–1976)