Bürgerliche Gärten

Plan von Pankow, 1818, von I. C. Selter mit seinen Schülern zur Übung aufgenommen und in Original-Kupferzeichnung aufgetragen. Quelle: Landesarchiv Berlin

Gärten für die Sommerfrische

Um der Hektik und Enge der großen Stadt zu entfliehen, ließen sich vermögende Bürger seit Mitte des 18. Jahrhunderts am Berliner Stadtrand Landsitze mit prächtigen Gärten errichten. Im Norden von Berlin entwickelten sich die Dörfer Pankow und Niederschönhausen, wenn auch zunächst nur in den Sommermonaten, zu beliebten Wohnorten. Im Zuge der Separation, die nach Abschaffung der Leibeigenschaft in Preußen 1811 eine Neuregelung der Eigentumsverhältnisse ermöglichte, konnten Bauernhöfe und Grundstücke erworben werden: So entstanden bürgerliche Herrenhäuser und Sommersitze rund um den Pankower Anger und entlang der Ausfallstraße Richtung Norden, der heutigen Grabbeallee. Häufig wurden sie durch Gärten und Parkanlagen mit Orangerien, Wasserspielen und Skulpturen ergänzt. Bei der Gestaltung orientierte man sich gern an dem landschaftlichen Stil des Gartenkünstlers und Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné.

Als Pankow und Niederschönhausen 1920 nach Berlin eingemeindet wurden, fiel ein großer Teil der Gärten der Parzellierung für den Bau von Wohnungen zum Opfer. Doch manche Gärten sind erhalten geblieben. Noch heute ist die alte Dorfstruktur mit der Kombination aus Bauern- und Landhäusern entlang der Breiten Straße gut zu erkennen.

1. Kirchhof und Anger auf der Breiten Straße

Um 1230 stand auf dem Pankower Anger eine kleine Feldsteinkirche. Nach einem Umbau im 15. Jahrhundert erweiterte der Hofarchitekt Friedrich Wilhelms IV., Friedrich August Stüler (1800–1865), den Bau in den Jahren 1858 und 1859 im neogotischen Stil. Die alte Pfarrkirche „Zu den Vier Evangelisten“ ist heute ein Bau- und Gartendenkmal.

Blick auf die Pankower Dorfkirche, 1835 Gemälde, Öl auf Holz, von Jean Barthélemy Pascal, Quelle: Stiftung Stadtmuseum Berlin, Foto: Christel Lehmann, Berlin
Panorama vom Rathausturm, Postkarte mit Stempel von 1915. Anlässlich des Ausbaus der Kirche im Jahr 1859 wurde die mächtige Linde an der Südostseite des Gebäudes gepflanzt. Durch die Pflanzung weiterer Bäume entstand eine begrünte Promenade, für die zeitweilig die Bezeichnung „Unter den Linden“ gebräuchlich war. Quelle: Museum Pankow
Markt auf dem Dorfanger in Pankow um 1910. Der von der heutigen Breiten Straße umgebene Pankower Anger wurde seit 1857 als Marktplatz genutzt. Quelle: Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Klaus Arons
Gartenplan des Pankower Dorfangers, 1939. Die vorgesehene Anpflanzung von Linden ist auf dem Plan deutlich zu erkennen. Quelle: Landesdenkmalamt Berlin

2. Garten des Bankiers Lessing

Postkarte des Restaurant Bellevue in Pankow, 1899
Restaurant Bellevue in der Breiten Straße, Postkarte mit Stempel von 1899, Anfang des 19. Jahrhunderts ließ der Bankier Ludwig Lessing (1776–1849) an der Nordseite des Angers (Breite Straße 22) einen großen Garten als Sommersitz errichten. Heute befindet sich an dieser Stelle das Pankower Rathaus-Center. Die gewaltigen Eichenbäume hinter dem Gebäude stammen noch aus dem Garten Lessings. Eine alte Eibe aus dieser Zeit musste dem Bau des Einkaufszentrums weichen. Sie wurde in die Schönholzer Heide umgepflanzt, hat jedoch den Ortswechsel nicht überstanden. Auf einem angrenzenden ehemaligen Gartenstück eröffnete 1812 das Restaurant Bellevue, ein bis 1919 beliebtes Ausflugsziel der Berliner. Im Garten des ehemaligen Restaurants entstanden nach 1945 Kleingärten. Auf einer Restfläche konnte 2006 ein Kinderspielplatz (Paule-Park) gestaltet werden, benannt nach dem Pankower Maler Paul Schultz-Liebisch (1905–1996) Quelle: Museum Pankow

3. Park des Barons Killisch von Horn (Bürgerpark)

Karte aus dem Jahr 1872, Zustand des Parks um 1868 (Ausschnitt). 1856/57 erwarb der Gründer der Börsenzeitung, Baron Hermann Killisch von Horn (1821–1886), eine Papiermühle, die im 16. Jahrhundert errichtet worden war. Killisch von Horn, selbst leidenschaftlicher Gärtner, beauftragte 1868 Wilhelm Perring (1838–1907), den späteren Direktor des Berliner Botanischen Gartens, mit der Anlage des Gartens im englischen Landschaftsstil. Nach dem Abriss der Mühle ließ der Baron an dieser Stelle ein Herrenhaus mit einem repräsentativen Portal als Eingang zu seinem großflächigen Besitz errichten. Aufgenommen durch den Ingenieur und Geographen Meyer, Quelle: Museum Pankow
Teufelsbrücke über der Wolfsschlucht um 1910. Den Park zierten zahlreiche Plastiken, eine Grotte, eine Pagode und ein Teich. Quelle: Museum Pankow

4. Park des Bankiers Brose (Brosepark)

Haupthaus des Anwesens der Familie Brose im Schnee, 1911. Rechts ist das heute noch erhaltene Küster-Palm-Haus zu sehen. Quelle: Museum Pankow, Foto: Max Skladanowsky
Schweizerhaus am Brosepark um 1910. Neben dem Brosehaus befindet sich das frühere Gästehaus von Brose, das sogenannte Gelehrtenheim bzw. Schweizerhaus. Zu dessen langjährigen Gästen gehörte auch der „Vater der Preußischen Gewerbeordnung“, Geheimrat Peter Christian Beuth. Quelle: Museum Pankow
Der Park des Bankiers Brose: Vase mit Aufstieg um 1925. Der Bankier und Kunstsammler Christian Wilhelm Brose (1781–1870) erwarb das Grundstück mit Kossätenhaus im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts vom Bauern Paentz und beauftragte die Gartengestalter Katzenstein und Bennickenstein mit der Anlage eines Gartens im Lenné’schen Stil. Diesen schmückten nicht nur Vasen und Skulpturen, sondern auch ein Treibhaus mit kostbaren exotischen Pflanzen. An das Anwesen des Bankiers Brose erinnert heute noch das bereits 1764 errichtete Küster-Palm-Haus. Quelle: Museum Pankow
Wand- und Deckendekoration für Broses Gästehaus in Niederschönhausen
Wand- und Deckendekoration für Broses Gästehaus in Niederschönhausen nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel. Foto: Wolfgang Krause

5. Holländerhaus (Patrizierhaus)

Das Holländerhaus im Schnee um 1910. 1802 erwarb die Bankiersfamilie Fetschow das Grundstück vom Bauern Kraft an der ehemaligen Niederschönhausener Dorfstraße und ließ das Bauernhaus zur Sommerresidenz mit Garten umbauen. Hier empfingen die Fetschows ihre Freunde, unter ihnen der Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel und der Ministerialbeamte Peter Christian Beuth. 1851 erwarb der Gusseisenfabrikant C. F. A. Hauschild das Anwesen und gestaltete es neu. Er ließ ein stattliches Patrizierhaus errichten und legte einen großen Garten an. Heute existiert dieser Garten nur noch in Teilen. Er ist mit alten Eichen- und Ahornbäumen bewachsen und stark verwildert. Quelle: Museum Pankow, Foto: Max Skladanowsky
Die Familie des Schlossermeisters Hauschild, 1843. Ob es sich hier um die Räume der Familie Hauschild im Holländerhaus handelt oder um die Innenansicht der Stadtwohnung ist nicht bekannt. Gemälde, Öl auf Leinwand, von Eduard Gaertner, 1843, Quelle: bpk

6. Park der Familie Bleichröder (Bleichröderpark)

Das Sommerhaus der Familie Julius Bleichröder in Pankow um 1890. Seit etwa 1818 befand sich das Grundstück als Teil eines ehemaligen Kossätenhofes im Besitz der jüdischen Familie Bleichröder. Der Bankier Julius Bleichröder (1828–1907) erweiterte es 1855 durch Ankauf eines Teils des alten Pfarrackers und nutzte das Haus mit seiner Familie zur Erholung in den Sommermonaten. Sein Sohn, der Arzt Fritz Bleichröder (1875–1938), ließ zwischen 1911 und 1912 neben dem Sommerhaus ein Landhaus mit Mansardendach errichten – die „Bleichröder-Villa“ in der Breiten Straße 31 A. Nachdem Fritz Bleichröder 1938 verstorben war, folgte seine Frau ihren Kindern in die Emigration. Erst durch einen Grundstückstausch zwischen dem Bezirksamt Pankow und den Erben von Fritz und Elli Bleichröder konnte der Park in seiner jetzigen Form entstehen. Gemälde, Öl auf Holz, von Betty Wolff. Quelle: Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Hans und Therese Ramseier, Foto: Jens Ziehe
Blick in den Garten hinter dem Sommerhaus der Familie Bleichröder um 1910. Der Park im Stil eines englischen Landhaus­gartens war mit einer Orangerie und einem Tennisplatz ausgestattet. Nach Entlassung und Berufsverbot durch die Nationalsozialisten boten Fritz und Elli Bleichröder jüdischen Jugendlichen in Vorbereitung auf die Emigration nach Palästina in ihrem Obst- und Gemüse­garten eine Ausbildung in Hauswirtschaft und Gartenbau an. Heute ist der Garten nur noch durch die Anordnung der Bäume zu erahnen.Quelle: Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Klaus Arons

7. Cafégarten Linder

Restaurant und Konzerthaus Linder, Postkarte um 1937
Restaurant und Konzerthaus Linder, Postkarte um 1937. Das Café Linder galt lange Zeit als gesellschaftlicher Mittelpunkt von Pankow. Neben dem gemeinsamen Promenieren auf dem Anger traf man sich in dem seit 1860 von Franz Linder geführten Café. Auch die Berliner kamen in Scharen nach Pankow, anfangs mit der Droschke, seit 1873 mit dem Pferdeomnibus und ein Jahr später per Pferdeeisenbahn. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete man hier das Konzerthaus Pankow mit 1.000 Plätzen und weiteren 3.000 im Außenbereich. Quelle: Museum Pankow

8. Königlicher Gutshof. Sommersitz der Bildhauerfamilie Glume

Der Bildhauer Friedrich Christian Glume, 1749
Der Bildhauer Friedrich Christian Glume, 1749 Der talentierteste Künstler in der Familie Glume war Friedrich Christian (1717–1752). Er schuf u. a. bedeutende Werke für Friedrich II. in Rheinsberg und Potsdam. Radierung von Johann Gottlieb Glume. Quelle: bpk/Kupferstichkabinett, SMB/Volker-H. Schneider
Königlicher Gutshof (Auschnitt vom Selterplan). Als an dieser Stelle noch das königliche Amtshaus stand, befand sich hinter dem Haus ein 1722 angelegter Ziergarten auf einer kleinen Insel, die von einem Graben umgeben war. 1764 kaufte der Bildhauer Carl Philipp Glume (1724–1776) den königlichen Gutshof, um dort die Sommer zu verbringen. Das später geteilte Grundstück erwarben Mitte des 19. Jahrhunderts Berliner Bankiers und Juweliere. Quelle: Landesarchiv Berlin

9. Hildebrandhaus (sog. Kavalierhaus)

Vorderseite des Hauses mit Putten und belaubter Fassade, o. D. Die Putten stammen vom Dresdner Hofbildhauer Gottfried Knöpfler (1715–1779), einem Freund von Carl Philipp Glume und Schüler von Johann Georg Glume. Quelle: Familie Hildebrand-Hammerstein
Teller aus dem Service der Familie Möring mit Ansicht des Hildebrandhauses von der Gartenseite, Königliche Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) um 1814. Im Jahre 1775 erwarb die Kaufmannstochter und Stiftsrätin Caroline von Labes (1730–1810) Haus und Grundstück. Sie verbrachte hier die Sommermonate, empfing Freunde und veranstaltete Gartenfeste. Unter ihren Gästen befand sich vermutlich auch ihr Enkel, der Dichter Achim von Arnim. Seit 1807 gehörte das Anwesen dem Berliner Kaufmann Carl Philipp Möring. Dieser beauftragte den Komponisten und Architekten Carl Friedrich Zelter mit dem Entwurf eines Gartenhauses. 1866 schließlich wurde der Kaufmann und Konditor Richard Leopold Hildebrand (1827–1890) neuer Besitzer des Grundstücks („Villa Hildebrand“). Haus und Grundstück wurden von 1953 bis 1989 als Schulhort genutzt. Heute ist die Anlage Teil der Klinik Maria Heimsuchung. Quelle: Kunstgewerbemuseum – Staatliche Museen zu Berlin, Foto: Saturia Linke
Barocke Baumallee im Garten um 1930. Bis 1938 blieb das Haus im Besitz der Familie Hildebrand, die den barocken Garten ebenso wie deren Nachfolger unterhielten und pflegten. Noch heute zeugt der erhaltene Baumbestand von der früheren Gestaltung. Quelle: Familie Hildebrand-Hammerstein, Foto: H. Hammerstein
Pavillon am Ende der Baumallee, o. D. Quelle: Familie Hildebrand-Hammerstein

 10. Garten des Gutshofes Stosch (Amalienpark)

Amalienpark, Postkarte um 1910. 1691 erwarb Amtshauptmann Stosch diese ehemalige, zum Gutshof gehörende Fläche. Nach einigen Besitzerwechseln kaufte schließlich 1897 Baurat Otto March (1845–1913) den parkartigen Garten, um hier Villen errichten zu lassen. Quelle: Museum Pankow
Amalienpark mit Skulptur, Postkarte mit Stempel von 1930. Wie das Bauensemble insgesamt wurde auch der Amalienpark vom Architekten Otto March entworfen und als Entree zur Wohnanlage gestaltet. Im Eingangs­bereich zur Breiten Straße hatte man eine Figurengruppe mit zwei sitzenden Frauen aufstellen lassen, deren Verbleib unbekannt ist. Seit 1977 steht an ihrer Stelle das „Liebespaar“ von Carin Kreuzberg. Quelle: Museum Pankow

 11. Garten des Rates Blindheim

Gebäude der ehemaligen Orangerie im Garten des Rates Blindheim, 2014. 1818 erwarb der Bankier Behrends vom Rat Blindheim das Grundstück samt großem Garten und Teich. Um 1855 ließ der Kaufmann Eduard Reißner im Garten eine Orangerie errichten. Bereits 1930 wurde der Park gerodet und die Villa mit ihren Nebengebäuden abgerissen. Um Bauland zu gewinnen, wurde auch der Teich eingeebnet. Lediglich die Orangerie blieb erhalten und wurde als Remise weiter genutzt. Seit ihrer Rekonstruktion durch den jetzigen Eigentümer, die DEGEWO, im Jahr 1996 wird sie als Künstlergalerie genutzt. Foto: Hannelore Sigbjoernsen