Kur- und Krankenhausgärten

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Städtisches Hospital und Siechenhaus in der Fröbelstraße, 1889, Quelle: Museum Pankow

Licht, Luft und Sonne

Um 1850 wurde Berlin mit seinen etwa 300.000 Einwohnern als die am meisten stinkende Stadt Europas bezeichnet. In Sachen Hygiene herrschten hier noch mittelalterliche Verhältnisse. Schweine wurden in den Vorgärten der Häuser gehalten und das Nachtgeschirr auf die Straße entleert. Die 9.000 Brunnen lagen oft neben Aborten und Misthaufen. Immer wieder kam es deshalb zu Epidemien wie Cholera, Typhus und Tuberkulose.

Die 1710 als Pesthaus gegründete Charité konnte nicht mehr alle Kranken aufnehmen. Schrittweise wurden die Krankenhäuser nun in das Berliner Umland verlegt und mit großzügigen Erholungsgärten ausgestattet. Die Ränder des Prenzlauer Bergs, aber vor allem die Dörfer Weißensee, Pankow und Buch boten mit ihren Wiesen, Wäldern und Feldern ausreichend Platz für Krankenhäuser und Kurgärten. Bis heute ist man in der Medizin davon überzeugt, dass nach einer Akutbehandlung der Aufenthalt in der frischen Luft zur Genesung beiträgt.

1. Die Kur- und Krankenhausgärten in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow

Für das 1880 errichtete Städtische Hospital und Siechenhaus im Prenzlauer Berg wurde im Hof ein relativ kleiner Bereich als Garten abgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die Anlage noch von Wiesen und Feldern umgeben. Größer fiel der Garten des 1891 von den Alexianerbrüdern gegründeten St. Joseph-Stifts in Weißensee aus. Der Orden baute hier ein Kloster und eine Heil- und Pflegeanstalt für psychisch Kranke.

Nervenheilanstalten siedelten sich im Dorf Pankow meist in den vorhandenen bürgerlichen Privatgärten um den Anger an. Das Adressbuch von 1898 weist für Pankow sechs Einrichtungen zur Behandlung von Nervenleiden aus. Der renommierte Spezialist für neurologische Erkrankungen, Emanuel Mendel (1839–1907), nutzte seit 1868 in der Breiten Straße 18 einen Villengarten zum Bau der ersten Pankower Nervenheilanstalt. Im ehemaligen Park des Obristen Jordan in der Breiten Straße 32 befand sich von 1906 bis 1918 das Park-Sanatorium. Bereits 1885 war hier eine Kur- und Nervenheilanstalt für Frauen eingerichtet worden.

1911 eröffnete der Drogist Karl Rahn im Bürgerpark einen Mineralwasserausschank. Er bot 46 Mineralbrunnen an und warb in einem Prospekt mit dem Slogan: Der Pankower Bürgerpark als Kur-Park.

Im Park des St. Joseph-Krankenhauses, 2013. Im St. Joseph-Krankenhaus werden bis heute vorrangig psychische Krankheiten behandelt. Foto: Dieter Schönberg
Historischer Lageplan des Friedrich-Wilhelm-Hospitals in der Fröbelstraße, 1896. In: Berlin und seine Bauten, Teil 2, 1896, S. 472, Quelle: Sammlung Wolfgang Krause
Eine Ölweide und ein Rotdornbaum vor einem historischen Gebäude des St. Joseph-Krankenhauses, 2012, Foto: Andreas Wichert

2. Die Krankenhausgärten in Berlin-Buch

Übersicht über Gesundheitsstandorte in Berlin-Buch, Grafik: Werner Mach und Arwed Steinhausen

Als Antwort auf die immer größer werdenden gesundheitlichen Pro­bleme, die die Stadt Berlin ihren Bewohnern bereitete, entstand in Buch der größte Krankenhauskomplex Europas. Besonders die hier überwiegend behandelten Nerven- und Lungenkranken waren darauf angewiesen, dass ausreichend Platz zur Genesung an der frischen Luft vorhanden war. Zur Umsetzung der Krankenhauspläne nutzte die Stadt Berlin das Gut Buch.

Stadtbaurat Ludwig Hoffmann (1852–1932) plante großzügige, an einer historisierenden Formensprache orientierte Schmuckanlagen. Die Rekonvaleszenz sollte durch künstlerische Elemente wie Brunnenanlagen und Plastiken gefördert werden. Dafür beauftragte er die Bildhauer Josef Rauch (1886–1921), Ignatius Taschner (1871–1913) und Georg Wrba (1872–1939). Als erstes von Hoffmanns Projekten konnte 1903 das Waldhaus im Schlosspark Buch als „Städtische Heimstätte für Lungenkrankheiten“ seine Tore öffnen. Der das Haus umgebende Park wurde in die Gestaltung einbezogen. Die III. Irrenanstalt (heute Klinikcampus C. W. Hufeland) umfasste 45 Bauten. Alle Gebäude lagen inmitten von großzügigen Gartenanlagen. Parallel wurde eine IV. Anstalt gebaut, in der man während des Ersten Weltkrieges 33.000 Verwundete behandelte. Anschließend wurde der Komplex zum Genesungsheim der Stadt Berlin.

Der heutige Ludwig-Park wurde 1909 als „Alte-Leute-Heim“ eröffnet.

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Buch, Kinderheilanstalt 22.03.1934, Quelle: Museum Pankow
Berlin-Buch, Kaiser-Wilhelm Institut für Hirnforschung
Berlin-Buch. Kaiser-Wilhelm Institut für Hirnforschung, Quelle: Museum Pankow
Der Rosengarten in d. Heimstätte Buch
Der Rosengarten in der Heimstätte Buch, Quelle: Museum Pankow
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Hospital in Buch, Quelle: Museum Pankow

„1500 alte Leute für ihre letzten Lebensjahre zusammen­zusperren, war mir ein grausamer Gedanke. Ich zerlegte deshalb die Anstalt in vier Gruppen, deren jede mit ihren vier Häusern um einen klar bepflanzten und inmitten mit einem kühlenden Brunnen geschmückten Garten angeordnet wurde… Die zweigeschossigen Gebäude mit ihren ausgebauten Mansarden und mit Blumenkästen vor den Fenstern, die im Garten verteilten bequemen Bänke, eine einfache und dabei farbenfrohe Behandlung aller Räume, die Anordnung gemütlicher Plauderstübchen, dies alles sollte den Alten das Schwere des Alters erleichtern.“

Ludwig Hoffmann, Berliner Stadtbaurat von 1896 bis 1924, über das Altleuteheim in Buch. In: Lebenserinnerungen eines Architekten, bearbeitet und aus dem Nachlass. Herausgegeben von Wolfgang Schäche, mit einem Vorwort von Julius Posener, Berlin, 1983, S. 170