„Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden“
Erich Kästner (1899 bis 1974)
Baumleben verbindet Menschenleben
Der Mensch pflegt von jeher eine besondere Beziehung zu Bäumen: Sie bieten ihm Schutz vor Sonne und Regen, ihr brennendes Holz wärmt ihn, ihre Früchte ernähren ihn. Aus Bäumen werden Möbel, Häuser und Brücken gebaut, und allein ihr Anblick bereitet Freude. In Märchen, Mythen und in der Literatur spielen sie deshalb eine große Rolle. Noch heute können wir Bäume bestaunen, die in vergangenen Epochen zu verschiedenen Anlässen – Geburt, Tod, Heirat, Staatsgründungen oder Dorffesten – gepflanzt wurden: als Schattenspender und zum Schmuck, in Parks zur Erholung und Erbauung oder zum Schutz wertvoller Biotope. Bäume leben länger als ein Mensch und verbinden uns mit den vergangenen und den kommenden Generationen. In der nordischen Mythologie war Yggdrasil, die Weltenesche, die ihre Äste bis in den Himmel erhebt, eine heilige Gottheit. Ihre drei nährenden Wurzeln reichen bis nach Asgard, dem Wohnort der Götter, in das Riesenland Jotunheim und in die Unterwelt. Täglich versammeln sich in ihrem Schatten die Götter, um Rat zu halten – bis zum Weltuntergang.
„Wenn Du traurig bist, such Dir einen Baum.“
Altes indianisches Sprichwort
1. Bäume in der Stadt – Ökologie und Bedeutung
Rund 420.000 Straßenbäume wachsen in Berlin. Von Frühjahr bis Herbst beleben ihre Blüten und Farben die Straßen und Plätze. Kastanien, Robinien und Linden sorgen dafür, dass die Menschen sich wohlfühlen und gern dort leben. Bäume bieten zugleich Lebensräume für zahlreiche Insektenarten und Vögel, Eichhörnchen und Fledermäuse, für Flechten und Moose. Sie schaffen komplexe Kleinbiotope, wirken als natürliche Klimaanlage, nehmen Kohlendioxid auf, geben Sauerstoff ab und binden Staub. Bäume spenden an heißen Tagen Schatten und erhöhen die Luftfeuchtigkeit: Eine Straße mit gesunden Bäumen trägt zu einer Abkühlung von bis zu fünf Grad bei. Doch Straßenbäume sind vielen Gefahren ausgesetzt, durch Abgase, Ozon, Tiefbauarbeiten, Bodenverdichtungen, undichte Gasleitungen, Hundefäkalien und Verschmutzungen durch Öl, Benzin oder Streusalz. In der Berliner Innenstadt waren im Jahr 2013 circa 40 Prozent der Straßenbäume geschädigt. Für alle Laubbäume, die Waldkiefer und Eibe sowie die Obstbaumarten Walnuss und Türkische Baumhasel gilt in Berlin die Baumschutzverordnung, sofern der Baumstamm in 1,30 Meter Höhe einen Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern aufweist.
2. Typische Baumarten in der Stadt
Ein Spaziergang durch Berliner Straßen offenbart eine große Vielfalt an Baumarten. Unter den über 50 verschiedenen Arten kommen Linde, Ahorn, Eiche, Platane und Rosskastanie am häufigsten vor. Etwa drei Viertel der Straßenbäume bestehen allein aus diesen fünf Gattungen. Neuerdings werden zunehmend auch nichtheimische Arten gepflanzt, so etwa der Götterbaum und – wegen seiner Robustheit – der Ginkgo.
3. Bäume als Naturdenkmal
Das Bundesnaturschutzgesetz weist besonders schützenswerte Objekte als Naturdenkmal aus – weil sie selten sind oder besonders schön oder weil sie aus naturgeschichtlichen, wissenschaftlichen oder heimatkundlichen Gründen wertvoll sind. Im Bezirk Pankow sind über 60 Bäume, die mehr als 20 Arten angehören, als Naturdenkmal, ebenso 3 Findlinge der letzten Eiszeit.
1990 regte ein japanischer TV-Sender eine Spendenaktion zur Pflanzung von Kirschbäumen der Sorte Prunus serrulata „Kanzan“ (Sakura-Campain) in Deutschland an. So wurden am 9. November 1991 in der Wollankstraße in Pankow 120 von 3.000 aus Japan eingeflogenen Setzlingen gepflanzt. Dank dieser Spendenaktion, die bis Oktober 1995 andauerte, konnten insgesamt cira 9.000 Kirschbäume gepflanzt werden, darunter etwa 700 in Pankow. Am 9. November 2009 wurden anlässlich der Namensgebung des „Platzes des 9. November 1989“ schließlich noch acht Zierkirschen aus den verbliebenen Spendenmitteln bezahlt und gepflanzt.
4. Alleen
Der Begriff Allee stammt aus dem Französischen (Allée = Gang, von aller = gehen). Seit der Barockzeit wird er im deutschen Sprachgebrauch für parallel gepflanzte Baumreihen gebraucht. Alleen strahlen eine schlichte Eleganz aus und sind schützenswerter Teil unseres kulturellen Erbes. Schon Theodor Fontane (1819–1898) beschrieb in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ die Wohltat, durch schattige Alleen zu wandern.
Im Jahr 1647 befahl der Große Kurfürst (1620–1688), zu Repräsentationszwecken eine „Gallerie“ von Nuss- und Lindenbäumen vom Berliner Schloss bis zum Beginn des Tiergartens zu pflanzen. Es war die erste Bepflanzung der späteren Straße Unter den Linden mit ca. 2.000 Bäumen.
Mit dem 18. Jahrhundert gewannen Alleen als Elemente der Landschaftsgestaltung an Bedeutung. Viele heute existierende Alleen wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts gepflanzt. Sie machten den Verkehr für Kutschen und Reiter sicherer, verbanden wichtige Handelszentren, dienten militärischen Zwecken (z. B. Pappelalleen), wurden als Windschutz angelegt, zur Versorgung mit Äpfeln, Birnen und Kirschen oder einfach nur aus ästhetischen Gründen. Alleen sind Lebensraum für viele Tiere und sichern noch heute einen Biotopverbund. Die Länge der Alleen in Deutschland wird auf etwa 25.000 Kilometer geschätzt. Die „Deutsche Alleenstraße“, 1992 auf Initiative verschiedener Naturschutz-Institutionen gegründet, führt durch acht Bundesländer. Sie gemahnt an die Erhaltung alter Alleen und einen behutsamen Umgang mit ihnen. Jedoch bedrohen schädliche Umwelteinflüsse das Kulturgut Allee. Falscher Baumschnitt oder Schädigungen durch den Straßenbau bedingen oft Krankheiten, die dazu führen, dass die Bäume später gefällt werden müssen. Seit 2008 wird am 20. Oktober – am „Tag der Allee“ – die „Allee des Jahres“ gekürt: 2011 eine fast lückenlose, imposante Ahorn-Eschen-Allee in Kremmen, 2012 eine hundertjährige Lindenallee bei Templin und 2014 eine Lindenallee nordwestlich von Stralsund.
5. Straßenbaumpflanzungen
Im 19. Jahrhundert wurden in Rosenthal, Pankow und Karow die ersten Dorfanger mit Bäumen bepflanzt. Um 1920 begrünte man in Pankow nach und nach die Hauptstraßen, so etwa die Danziger Straße, die Grellstraße und die Platanenstraße. Ende der 1940er Jahre wurde in Ostberlin mit der Beseitigung der Kriegsschäden in den Grünanlagen und Parks und entlang der Straßen begonnen. 1980 schließlich propagierte man, in jede Straße des dichtbesiedelten Bezirks Prenzlauer Berg etwas Grün zu bringen. In drei Jahren sollten ca. 7.000 Bäume gepflanzt werden. Die Pflanzungen dauerten bis 1992 an.
Ab dem Jahr 2000 erfolgten Nachpflanzungen mit der Sorte Prunus padus, da unter den bisherigen Zierkirschen Pilzbefall, Bruch an der Veredelungsstelle oder Wurzelaustrieb aufgetreten waren.
2012 initiierte der Berliner Senat eine „Stadtbaumkampagne“, die auch 2024 weitergeführt wird. Dabei sollen private Aktivitäten für Neupflanzungen und zur Baumpflege gebündelt und gefällte Straßenbäume in Zusammenarbeit mit den Gartenämtern ersetzt werden. Aufgerufen sind alle Berlinerinnen und Berliner, durch private Spenden zur Stadtbegrünung beizutragen.
„Lebensbäume –Lebensräume“
Baumpflanzaktion des gleichnamigen Vereins
„Zu fällen einen schönen Baum, brauchst eine Viertelstunde kaum.
Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert.“
Eugen Roth (1895–1976)