„Die Anlage und Vervielfältigung öffentlicher Spazierwege in einer großen Stadt sollten nicht allein des Vergnügens wegen, sondern auch aus Rücksicht auf die Gesundheit dringend empfohlen werden.“
Peter Joseph Lenné (1789–1866)
Volksparks und Stadtplätze
Von den Anfängen bis heute
Berlins stetig wachsende Einwohnerzahl und die Ausdehnung der Stadtfläche waren ausschlaggebend für die Entwicklung der Berliner Grünanlagen. Den ersten Volksgarten, den Großen Tiergarten, verdankten die Berliner den Planungen von Peter Joseph Lenné, der von König Friedrich Wilhelm IV. mit der Ausführung betraut wurde. 1840 regte Lenné die Anlage eines grünen Park-Gürtels um Berlin an. Sein Schüler Gustav Meyer konnte mit dem Volkspark Friedrichshain, dem ersten kommunalen Park Berlins, diesen Vorschlag teilweise umsetzen.
Der Berliner Magistrat gründete 1870 die Park- und Gartendeputation und berief Gustav Meyer zu ihrem ersten Direktor. Unter den auf ihn folgenden Gartendirektoren wandelten sich allmählich die Ansprüche: Das schmückende Grün rückte in den Hintergrund. Stattdessen stand bei der Planung von Grünanlagen nun die Möglichkeit für körperliche Aktivitäten im Mittelpunkt.
In der aufstrebenden Metropole Berlin, die 1910 die höchste Einwohnerdichte Europas hatte, legten fortschrittliche Stadtplaner großen Wert auf innerstädtisches Grün und sicherten die dafür notwendigen Flächen. Zudem setzten sich die Bürgermeister von Pankow und Weißensee, bis 1920 noch eigenständige Gemeinden vor den Toren Berlins, für Volksparkanlagen ein.
Die beiden Weltkriege machten viele Pläne der Stadt zunichte. Beim Wiederaufbau wurden die zerstörten Stadtplätze zunächst notbegrünt – und es entstanden neue Grünanlagen auf den Trümmerbergen. Der Generalbebauungsplan für das „Grün- und Erholungssystem“ aus dem Jahr 1969 war der Versuch, mehr Grünflächen in Ostberlin anzulegen. Nach dem Fall der Mauer entstanden Stadtplätze und Parks von überbezirklicher Bedeutung. Der frühere Mauerstreifen konnte in Pankow größtenteils als durchgehender Grünstreifen erhalten werden. Der aktuelle Flächennutzungsplan und der Landschaftsentwicklungsplan sorgen dafür, dass Pankow auch in Zukunft ein grüner Bezirk bleibt.
1. Peter Joseph Lenné und die moderne Volksparkbewegung
Vorbild für die Berliner Grünanlagen war das von Peter Joseph Lenné (1789–1866) mitbegründete Gestaltungsprinzip des Volksgartens, das an den englischen Landschaftsgarten anknüpfte. Lenné hatte 1825 in Magdeburg den ersten Volksgarten in Deutschland entworfen. Seine Pläne ermöglichten es, dass der bereits unter Friedrich II. für die Bevölkerung geöffnete Berliner Tiergarten zwischen 1832 und 1839 zu einem Landschaftsgarten umgestaltet wurde und – ohne die vorhandenen barocken Strukturen zu verleugnen – den Charakter eines Volksgartens erhielt. Lenné ging es bei der Nachahmung der Natur darum, dass „die Summe der Lebensgenüsse nicht nur vermehrt, sondern auch zugleich veredelt“ würde. Der Volkspark sollte den Menschen also nicht nur zur Erholung dienen, sondern auch zu ihrer moralischen ‚Vervollkommnung‘ beitragen.
Lennés Ambitionen gingen über Objektplanungen für Königs- und Adelssitze hinaus. Als Stadtplaner wollte er den Berlinern zu ihrer Erholung mehr bieten als die Promenade Unter den Linden und den Großen Tiergarten. So entwickelte er 1840 den Plan eines grünen Gürtels aus gestalteten Parkanlagen um die stetig wachsende Stadt.
2. „Einer der tüchtigsten Landschaftsplaner“
Berlins erster Stadtgartendirektor: Gustav Meyer. Zitat: Vossische Zeitung
Der königliche Hofgärtner Gustav Meyer (1816–1877) wurde 1870 zum ersten Berliner Stadtgartendirektor berufen und mit der organisatorischen Leitung des gesamten Berliner Gartenwesens betraut. Damit begann die Geschichte der Berliner Gartenverwaltung. Im ersten Jahr standen Meyer 16.800 Mark zur Verfügung – so etwa für den Volkspark Friedrichshain (34 Hektar), die Baumbestände bei Treptow, die Baumschule (drei Hektar), neun Schmuckplätze, 34 Straßen und Alleen mit Baumpflanzungen sowie für 25 Schul- und Turngrundstücke.
Gustav Meyer war Schüler von Peter Joseph Lenné und seit 1840 dessen engster Mitarbeiter. Sein prämierter Entwurf für die Gestaltung des Volksparks Friedrichshain wurde zwischen 1846 und 1848 umgesetzt – auf einer Fläche, die bereits in Lennés Idealplan der „Schmuck- und Grünzüge Berlins“ von 1840 als Volkspark vorgesehen war. Während weitere Volksparkanlagen wie der Humboldthain und der Treptower Park entstanden, wurde der Volkspark Friedrichshain 1874 durch Meyer erweitert und mit einem Spielplatz versehen. Das Schaffen Lennés und Mayers übt bis heute eine große Wirkung auf viele Landschaftsarchitekten aus.
3. Hobrechts Plan wird mit Leben erfüllt
Der Stadtgartenamtsdirektor Hermann Mächtig
„Schmuckanlagen müssten so angeordnet werden, dass sie … möglichst der Schönheit wie der Zweckmäßigkeit gleichmäßig Rechnung tragen, … unter möglichster Rücksichtnahme auf die Jugend mittels Herstellung von Spielplätzen, wenn auch nur in Gestalt größerer Nischen auf den Wegen …“
Hermann Mächtig, 1904
4. Erste Volksparks in den Dörfern Pankow und Weißensee
Weitsichtige Bürgermeister der Orte Pankow und Weißensee erwarben zu Beginn des 20. Jahrhunderts private bürgerliche Parks und ließen sie zu Volksgärten und Volksparks umgestalten. 1907 gelang es Wilhelm Kuhr (1865–1914), von 1906 bis 1914 Bürgermeister von Pankow, den 2,4 Hektar großen Landsitz des Barons Hermann Killisch von Horn zum Preis von 1,45 Millionen Mark für die Gemeinde Pankow zu erwerben. Der Park wurde zu einer öffentlichen Grünanlage umgestaltet. Die Gemeinde Weißensee erwarb 1908 durch die Initiative ihres Bürgermeisters Carl Woelck (1868–1937) mit Hilfe eines Grunderwerbfonds für mehr als drei Millionen Mark das sogenannte Schloss Weißensee einschließlich der Parkanlage und gab es als Volkspark zur Nutzung frei. Zudem wurde ein Landstreifen um den See gekauft, der auch die nördliche Parkseite einbezog.
Die Gemeindeverwaltung von Niederschönhausen erwarb 1919 von den Erben des Bankiers Karl Brose Grundbesitz mit einer Fläche von 29 Hektar. Schon ein Jahr später war der ursprünglich private Park als Volkspark öffentlich zugänglich.
„Die Spielplätze dürfen von den Wohnquartieren nicht mehr als 10 Minuten, die Parkanlagen nicht mehr als 20 Minuten, die Sportplätze nicht mehr als 30 Minuten entfernt liegen.“
Martin Wagner, 1915
5. Vom Schmuckplatz zum sozialen Grün
6. Entwicklung der Stadtplätze durch die Berliner Stadtgartendirektoren Albert Brodersen und Erwin Barth und den Pankower Gartenamtsleiter Alexander Weiss
7. Nationalsozialismus, Krieg und Neubeginn
Im 1945 gegründeten Hauptamt für Grünplanung des Magistrats, dem Reinhold Lingner (1902–1968) bis 1950 vorstand, machte man sich daran, Millionen Kubikmeter an Trümmerschutt wegzuräumen, aufzuschütten und zu begrünen. Zahlreiche Ruinengrundstücke konnte man durch die Bezirksgartenämter schon in den ersten Jahren nach dem Krieg notbegrünen und teilweise mit Spielgeräten ausstatten. Schrittweise wurden bestehende Stadtplätze und Grünanlagen wiederhergestellt und – entsprechend dem wachsenden Bedürfnis nach Freizeit und Erholung – um Spiel- und Sportanlagen ergänzt. Zahlreiche Projekte verdankten sich ab Anfang der 1950er Jahre internationalen Jugendtreffen und dem Nationalen Aufbauwerk.
„Meine Mutter und ich sind dort [am Wasserturm] oft spazieren gegangen … Eines Tages stand davor ein Schild und auf jeder Bank: „Für Juden und Hunde ist der Zutritt verboten“. In der Zeit nach dem Verbot bin ich einmal mit meiner Schwester und meiner Mutter dort vorbeigekommen, Trudchen fing an zu weinen, denn sie war es gewohnt, dort ein bisschen herumzutollen. Plötzlich kam eine Dame auf uns zu und bot an, die Kleine mit reinzunehmen. Meine Mutter bedankte sich und lehnte ab. Diese Frau war eine unter Millionen, das gab es doch sonst gar nicht.“
Simon Mandel, 1994
„Was blieb, nachdem Bombenangriff und Endkampf eine mechanische Auflockerung vollzogen, gibt uns die Möglichkeit, eine ‚Stadtlandschaft’ zu gestalten. […] Durch sie ist es möglich, Unüberschaubares, Maßstabloses in übersehbare und maßvolle Teile aufzugliedern und diese Teile so zueinander zu ordnen, wie Wald, Wiese, Berg und See in einer schönen Landschaft zusammenwirken.“
Hans Scharoun, Stadtbaurat von Berlin 1945–1947. In: Neue Bauwelt, 10/1946, S. 3
Bereits 1947 begann man mit den Arbeiten am Sowjetischen Ehrenmal in der Schönholzer Heide. Auch in den Folgejahren integrierte man in viele Grünanlagen Denkmäler zur Erinnerung an ermordete Politiker und Widerstandskämpfer. Eine der ersten Aufgaben für Lingner bestand darin, den Amtssitz von Wilhelm Pieck, dem Präsidenten der DDR, im Schlosspark von Schönhausen zu gestalten.
8. Ein Generalbebauungsplan für mehr Grün: 1969 bis 1990
„Der Mauerpark ist die Lichtung in der Stadt.“
Gustav Lange, 1994
9. Neue Wege seit 1990: Sanierungsgebiete und Landschaftsparks
Nach der Wiedervereinigung stand die Reorganisation der bezirklichen Gartenämter nach dem Muster der Westberliner Ämter im Vordergrund. Gottfried Funeck (1933–2011) wurde 1990 nach 15 Jahren als Leiter des Stadtgartenamtes von Georg Büchner abgelöst. Die Leitung des vereinigten Stadtgartenamtes übernahm dagegen Erhard Mahler. Für die Parks der dicht bebauten Innenstadt wurde ein eigenes Landschafts- und Artenschutzprogramm verabschiedet. In Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee sind Volksparks, Kleingärten, Friedhöfe sowie die seit 1990 hinzugekommenen Parkanlagen, wie der Mauerpark und der Blankensteinpark, Teil dieses neu geschaffenen „Inneren Parkrings“, der bis zum Naherholungsgebiet Naturpark Barnim reicht.
In den vergangenen 25 Jahren entstand ein System von Stadtparks, Volksparks und Stadtplätzen, die den wachsenden Bedürfnissen der Berliner nach Erholung, Spiel und Sport Rechnung tragen. Hierzu zählen im Bezirk Pankow der Mauerpark, der Blankensteinpark, der Einsteinpark und der Landschaftspark Neue Wiesen.