Gärten zum Ernten, Trinken und Vergnügen
Wenn es ihm in der Stadt zu eng wurde, suchte der Berliner schon immer sein Heil im Grünen. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts gab es um Berlin 70 Weinberge und 26 Weingärten, die das Naturvergnügen mit der Weinverkostung verbanden. Später übernahmen diese Aufgabe die vielen Biergärten entlang der
Barnim-Hangkante.
In den Biergärten fanden Tausende Gäste unter schattenspendenden Bäumen Platz. Sonntags trank man sein Bier bei Würst, Bötzow, Schultheiss oder Pfeffer, bei Groterjahn in der Königstadt-Brauerei oder in der Brauerei am Friedrichshain. Als die Pferdebahn Kutsche und Kremser ablöste, wurden ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor den Toren Berlins, so etwa an schönen Ausflugsorten in Pankow, zahlreiche Vergnügungsgärten eröffnet.
„Die Berliner schwärmen nur für die Natur, weil so viele Wirtshäuser drinstehen.“
Henry W. Urban, 1911
1. Die Weingärten
Lagen die ersten Weingärten noch direkt in der Stadt, legten die Berliner etwa ab dem 14. Jahrhundert ihre Äcker und Weingärten entlang der Hänge des Teltows und der Barnim-Hangkante an. Der Barnim ist ein eiszeitlicher Höhenzug, der an der heutigen Torstraße beginnt und sich bis zum Oderbruch zieht. An seiner höchsten Stelle ist er 94 Meter hoch.
Dörfer vor der Stadt, wie Weißensee, Rosenthal und Buch, hatten häufig ihren eigenen Weinberg. In Niederschönhausen gab es drei Weinberge in der Königin-Plantage, die sich in der heutigen Schönholzer Heide befand.
Die Berliner tranken ihren Wein am liebsten vor Ort, auch um die Akzise zu sparen. Der Wein wurde besteuert und durfte erst nach der Begutachtung durch den Weinvisierer im Ratskeller verkauft werden.
Der letzte Berliner Weingarten befand sich am Wollank’schen Weinberg in der „Weinstube zur Traube“ (heute Weinbergsweg). Hier wurde 1848 der Spreewein für drei Taler die Flasche ausgeschenkt. Die letzten Rebstöcke rodete man 1913. Der Seidenhändler Gottlieb Friedrich Wollank (1771–1851) hatte das Grundstück 1801 erworben. Sein Enkel Carl Friedrich Wollank (1831–1894) erbte den Weinberg und bot neben Kaffee weiterhin Wein in seinem Garten an. Später wurden Wein- und Kaffeevergnügen mit Theateraufführungen verbunden. Hier befanden sich das Theater von „Mutter Gräbert“ und später das Walhalla-Theater mit „Carows Lachbühne“.
2. Die Biergärten
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts siedelten sich viele Brauereien an der Barnim-Hangkante an. Sie benötigten die in den Höhenzug gebauten Keller zur Lagerung des Bieres. Die größten und bekanntesten lagen in der Saarbrücker Straße und an der Schönhauser Allee, wie die Brauerei Pfeffer, die Königstadt-Brauerei und die Bötzow-Brauerei.
Zwischen 1910 und 1914 gab es insgesamt 41 Brauereien in Berlin, davon allein 20 im Prenzlauer Berg, fünf in Weißensee und drei in Pankow. Etwa ein Viertel war mit Biergärten ausgestattet. Dort konnten die Berliner unter Kastanien, Linden oder Platanen sitzen.
Einer der größeren Biergärten befand sich in der Saarbrücker Straße: Im Garten der Bötzow-Brauerei fanden bis zu 6.000 Gäste Platz. Auf dem Betriebsgelände der Bötzow-Brauerei in der Prenzlauer Allee entstand das „Schloss des Nordens“, das mit dem Berliner Stadtschloss zu konkurrieren suchte. Die Villa von Julius Bötzow (1839–1914) und die Brauereigebäude verband ein aufwendig gestalteter Garten.
3. Die Vergnügungsparks
Besonders an den Sonntagen entfloh der Berliner seiner Stadt. Doch die Natur allein genügte vielen nicht, man wollte sich amüsieren. So entstanden an der nördlichen Berliner Peripherie mehr und mehr Vergnügungsgärten und Parks: 1855 im Garten am Weißen See Sterneckers Vergnügungspark nach dem Vorbild des Tivoli in Kopenhagen, 1867 ähnlich dem Prater in Wien der Prater in der Kastanienallee und 1877 der größte Berliner Vergnügungspark in der Schönholzer Heide. Per Pferdeomnibus (1873), Ringbahn (1875) und Pferdebahn (1877) erreichten die Städter immer schneller und bequemer den Berliner Norden. Auf Ausflügen nahmen die Berliner gern ihr Essen mit. Der Kaffee wurde vor Ort gekocht: „Der alte Brauch wird nicht gebrochen. Hier könn’ Familien Kaffee kochen“ war ein gängiger Spruch um die letzte Jahrhundertwende.